Weihnachtsshopping in Temuco 

[20.12.2013 04:25:52 | Chile | 4 Kommentare]

Zum Weihnachtseinkauf nach Temuco. Ein ganz praktisches, nützliches Geschenk soll es werden, ein neuer Kocher muss her. Gut drei Stunden braucht der Bus vom Nest Lonquimay zur Großstadt Temuco. Unterwegs wird eingesammelt wer winkt und aussteigen darf wer's sagt, wo auch immer. Ob unscheinbare Schottereinfahrt mitten im Nirgendwo oder Standstreifen auf der Autobahn, Haltestellen sind nur zufällig auftretende Statisten. Obwohl hoffnungslos überfüllt bleibt jeder entspannt, jeder freundlich, jeder hilfsbereit, das Baby schon mal liebevoll zum Ausgang vor gereicht während sich tütenbeladen, dankbar lächelnd die Mutter hinterher schiebt.

 

Zwei brauchbare Outdoorläden gibt es in Temuco, praktischerweise direkt nebeneinander, ärgerlicherweise in einer Shoppingmall nach amerikanischem Vorbild. "Portal Temuco" der klangvolle Titel des dreigeschossigen Konsumtempels. Innen die übliche Melange aus aus kleinen und größeren Shops üblicher Couleur, Schuhe, Kleidung, Spielwaren, Elektronik, etc. pp., ein großer Supermark, ein Schreibwaren- und ein Buchhändler. Aufgelockert durch Cafés und Bistros, mal rustikal hölzern, mal modern metallisch, je nach Zielgruppe. "Credit Cards welcome" Aufkleber überall, der nächste Geldautomat immer in Sichtweite, der konsumberauschte Junkie soll möglichst unterbrechungsfrei gemolken werden.
In der Mitte ragt in geschmückter Baum biblischen Ausmaßes gen Himmel, neckische Krippeninstallationen auf jeder Etage, "Feliz Navidad" (frohe Weihnachten) allerorten, "stille Nacht" als Panflöteninterpretation, mehrere Glöckchen schwingende Weihnachtsmänner, das ein oder andere goldene Engelchen; Hier wird mit dem Vorschlaghammer an das bevorstehende Hohe Fest des Kapitalis.. - äh Christentums erinnert. Subtil geht anderes.
Geschickt ganz oben platziert, so ein Marsch zum Gipfel macht hungrig, der Freßtempelbereich. Alle "Großen" sind hier vertreten: die goldenen Bögen, frittiertes Federvieh aus Kentucky, Teigringe in orange-pink, das Schweizer Vogelnest - hier mit einer Eisbar vertreten, die züchtig verhüllte grüne Kaffeesirene… und, wie viele hast Du erkannt? Die Tische an den Panoramafenstern bieten zumindest noch eine irgendwie interessante Aussicht - auch wenn das meiste grauer Beton ist - doch am dichtesten besetzt sind die Tische nah an den Trögen, den Ausgabestellen. Es wird hastig gestopft - fast food eben. Freßkomatös trottet das Konsumvieh dann langsam nach unten, nicht ohne durch die geschickte Architektur noch mal durch die halbe Mall geführt zu werden. Man könnte ja irgendwas vergessen, einer Werbung nicht erlegen oder gar ein ganz besonderes Angebot übersehen haben...


Hier hilft eigentlich nur Guerillataktik. Rein, Beute sichern, Raus, schnell, Verluste gering halten. Der Schlachtplan hängt etwas versteckt rechts am Eingang, Shops und Fluchtwege fein säuberlich verzeichnet. Eine Marschroute zügig ausgearbeitet: via Rolltreppe beim dritten Schuhgeschäft in die zweite Etage, am Dessous Geschäft links abbiegen und nicht zu lang gucken, vier Shops weiter sollte das Ziel erreicht sein. Rückzug dann über den näherliegenden Nordausgang. Der Vorstoß gelingt, der neue Kocher verstaut, warme Mahlzeiten gesichert. Doch das Rückzugsgefecht geht verloren bevor es begonnen hat. Das Bistro "Cassis" lockt mit einer professionellen Kaffeemaschine, schmackhaft präsentierten Torten und gemütlich aussehenden Stühlen. Zielgruppe anvisiert, Treffer, versenkt. Zwei erstaunlich gute Cappuccinos (wichtig: Variante "international", die ohne zwei Pfund süßer Sprühsahne oben drauf) später wage ich doch noch einen kompletten Rundgang, flüchte nach gut 15 Minuten aber endgültig.

 

Deutlich ruhiger, unaufdringlicher und übersichtlicher geht es im - leider zu kleinen - "Museo Regional de la Auraucania" zu. Insbesondere über Geschichte und Kultur der Mapuche wird informiert, archäologische Funde und historische Aufzeichnungen angenehm modern präsentiert. Die Mapuche waren äußerst wehrhaft  und haben sich über 300 Jahre erbittert gegen die Kolonialisierung gewehrt. Einen Ihrer Peiniger, Pedro de Valdivia, haben sie angeblich gezwungen flüssiges Gold zu trinken. Leider nicht bewiesen, aber eine äußerst passende Hinrichtungsart für einen goldgierigen Konquistador im 16. Jahrhundert.

 

Museumskühle gegen Mittagshitze tauschen. Am zentrale Plaza Anibal Pinto liegt man im Palmenschatten, steht an für ein Eis, sitzt für ein Schwätzchen auf der Bank. Der Schuhputzer lächelt freundlich, lächelt dann schnell zum nächsten, ich trage Sandalen. Hier am Plaza steht - wie üblich - eine Kathedrale, deren Glockenturm - eher unüblich - als Büroturm ausgebaut wurde. Ob die darin untergebrachte Regionalverwaltung bei Geläut Zwangspausen einlegt war auf die schnelle nicht in Erfahrung zu bringen.

 

Zurück im Bus. Das gleiche Spiel wie morgens, aufladen nach Handzeichen, ausladen nach Absprache. Ich beschaue die vorbeirauschende Landschaft, versinke in Gedanken, unterhalte mich gebrochen mit meiner Sitznachbarnin. Gegen Ende wird der Bus leerer, die Gespräche leiser, die Musik lauter. Fahrer und Gehilfe summen anfangs leise mit, werden Lied für Lied mutiger bis sie irgendwann Text- und Melodiesicher jeden Refrain der Schlager mitsingen. Wieherndes Gelächter der beiden als ich mittendrin in ihren Singsang einstimme und - auf Deutsch zur spanischen Interpretation - schmettere: "völlig losgelöööst von der Eeeerde schwebt das Rauuuumschiff..."

Selbstverständlich macht das Raumschiff ein wenig später auch für mich einen extra Halt und ich darf an meiner Hosteltür aussteigen. Das "Terminal" wäre ja auch unzumutbare 138m entfernt gewesen.

 

Heinrich meint: "Elch sei Dank hab ich mein prächtig-mächtiges Geweih nicht durch die Bustür bekommen. So ist mir das Leid erspart geblieben und ich womöglich hätte ich nie diese Alpakafarm am Ortsrand entdeckt.... Eieiei, lauter wollig-wuschelige Alpakadamen! Da könnte Elch sich glatt verlieben und bleiben wollen... hoffentlich will Stefan nicht so bald weiter!!!"

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Punkt #38 erreicht! 

[05.12.2013 21:53:46 | Chile | Ein Kommentar]

Nach einer (zugeben ziemlich...) ausgedehnten Winterpause hab ich mich wieder auf das Rad geschwungen. Auf wunderschönen Straßen und Wegen von Bariloche, Argentinien, in Richtung Pucon, Chile. Das Rad holpert über Schotterpisten, steil steigt die Straße in Richtung Grenze an. Am einzigen Regentag erreiche ich kurz vor der Grenze de heißen Quellen "Epulafquen". Ein aufgegebenes Luxus Spa ersetzt das Zelt für die Nacht, stundenlang liege ich im heißen Pool vor der Tür und lasse mir den Regen auf das Gesicht prasseln. Flotte abfahrt auf Schotter in das chilenische Tiefland. Alle zwei, drei Kurven taucht der Vulkan Villarrica am Horizont auf, wird alle zwei, drei Kurven etwas größer. Meine Route führt mich direkt durch den gleichnamigen Nationalpark. Am Eingang schaut der Ranger skeptisch auf mein Fahrrad. Die Straße sei "muy difícil", sehr schwierig, für Fahrzeuge nicht und für Fahrräder kaum geeignet. Ich grinse, "es bueno" und die Reifen wühlen sich knirschend durch den dunklen Vulkansand. Steil und ausgewaschen windet sich die Strecke durch alte, naturbelassene Wälder weiter steil nach oben. Abfahrt am nächsten Tag, innerhalb der Nationalparkgrenzen eher trail Fahren statt geschmeidiges heruntergleiten. Erst ganz unten wartet eine feine Asphaltstraße die direkt nach Pucon führt. Gut zwanzigtausend Seelen wohnen hier, können von überall in der Stadt den beinahe perfekten Vulkankegel bestaunen. Und der ist nicht nur schön, der ist auch einfach zu besteigen und somit die touristische Top Attraktion. An Pucons Hauptstraße drängen sich Touranbieter an Touranbieter, buhlen um die Gunst der Kunden. Die Nationalparkverwaltung unterstützt das Geschäft gerne, Alleinbesteigungen sind theoretisch möglich, der Aufwand - verlangte Genehmigungen, Nachweise und Ausrüstung etc. - aber derart hoch dass es sich kaum lohnt.
Mit zwei bergerfahrenen Schweizern und einem Guide machen wir uns früh morgens dann auf den Weg. Deutlich schneller als die anderen Gruppen erreichen wir den Gipfel, haben ihn ganz für uns alleine. Aus dem Krater steigt beißender Dampf auf, es stinkt, kratzt im Hals. Aber die Aussicht ist wunderschön. Der Abstieg geht schnell, der Großteil findet rutschend auf dem Hintern statt, äußerst spaßig! Zurück am Hostel wird der "Gipfelsieg" mit dem ein oder anderen Bier begossen.
Sehr viel einsamer aber keinesfalls weniger schön geht es am Mirador (Aussichtspunkt) El Cañi zu. Steil und Anstrengend führt ein Pfad bis auf einen Felsen auf knapp 1600m. Wer die Mühen auf sich nimmt wird mit einer unglaublichen Aussicht auf drei wunderschöne Vulkane belohnt: Lanin, Villarica, Llaima. Ich bleibe über Nacht, herrlicher Sonnenuntergang, Sternenklare Nacht, perfekter Sonnenaufgang. Ein traumhaftes Plätzchen.
Mein Dank gilt Thomas_U der mich hierher geschickt hat!

 

Heinrich meint: "Na endlich geht's mal weiter. Stefan wurde ja schon langsam fett von all den Steaks, Schokolade und Rotwein in Bariloche. Warum er aber ausgerechnet an den heißen Thermen keinen Rotwein dabei hatte versteh ich ja aber mal gar nicht. Unprofessionell! Und das gejammere von wegen Schotter und steil und dergleichen, also wirklich! Jetzt hockt er schon wieder seit ein paar Tagen in irgendeinem Hostel herum und wartet auf das nächste Asado. Und das obwohl es hier nicht mal Elchdamen für mich gibt! Grrrrr."

 

Tschüss der Frühling perfekter Platz für die Nacht willkommen schicke Wasserfälle Ab hier: mehr Trail fahren schöner Kegel Massenndrang die Reihen werden lichter beeindruckende Aussicht das obligatorische zwei Schweizer jungs Vulkan Llaim Vulkan Lanin Vulkan Villarica und kurz nach was für eine Aussicht mystische Aussicht fast perfekt Eidechsen Angst vor Spinnen? Asado eine von vielen Wifi vermutlich bald im Angebot

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