Ganz weit im Süden - #222 Antarctica erreicht 

[01.09.2014 21:50:36 | Antarktis | 3 Kommentare]

Antarktis. Kalt, abweisend, lebensfeindlich. Traumziel für einen der als Kind „Entdecker“ werden wollte. Die Helden der Kindheit: Amundsen, Scott, Shackleton. Logbücher und Expeditionsberichte statt Comics. Ich stehe mit einer abenteuerlustigen Reisefrau im Hafen von Ushuaia. Kein klappriges Segelschiff wartet auf uns, ein ausgewachsenes Kreuzfahrtschiff liegt am Kai. Begrüßung an der Gangway: „Ihr müsst die zwei Deutschen sein!“ - „ähm, ja warum?“. Breites Grinsen; „Wir haben 166 Chinesen und euch zwei an Bord“. Kulturabenteuer zum Antarktisabenteuer.
Vorweg: moderne Antarktis „Expeditionen“ Kreuzfahrten haben mit den alten Expeditionen so viel gemein wie ein Eselkarren mit dem neusten Modell  von $DeutscherPremiumAutoHersteller. Die größte Herausforderung besteht darin das all abendliche 3 Gänge Menü (Shrimp Cocktail statt Skorbut!) dort zu behalten wo es hingehört. Was nicht immer gelingt.
Statt Monate – oder gar Jahre – auf See, verbringen wir nur 15 Tage (All inklusive und stets umsorgt) an Board, 7 Landgänge werden es am Ende sein. Damit unterwegs keine Langeweile aufkommt: Programm. Erfreulicherweise hat man auf Bespaßungsprofis verzichtet und stattdessen ein paar richtige Profis an Bord geholt. Geologe, Fotograf, Historiker, Ornithologe, Biologe – es gibt Vorträge. Klar ein bisschen traditionelles gibt’s auch. Captains Dinner, BBQ an Deck, Livemusikabend, Kostümparty und original – aber ja doch! – chinesisches Karaoke. Dazu Pflichtprogramm:  Notfallübung, Sicherheitsbriefing, Umweltschutz inkl. Kleidung / Ausrüstung absaugen und Schuhe desinfizieren.
Auf Schlauchbooten an Land. Hunderte Pinguine, wildes Getümmel am Strand, dichte Grüppchen, ständig watscheln einzelne dazwischen hin und her, lautes kreischen der jungen nach Futter, lautes kreischen der alten gegen Konkurrenten, fleißiges Nest bauen, apathisches Brüten, müdes Strecken, heftiges streiten, zärtliches Begrüßen, knarzendes Funkgerät, rauschender Außenborder. Zu schnell zurück.
Anderer Strand, andere Kolonie, die Kamera steht klickend auf dem Stativ. Ein paar Meter weiter inspizieren Pinguine meinen Packsack. Langsam bewege ich mich näher. Irgendwann entdecken sie mich, halten mich für interessanter, bewegen sich auf mich zu. Einer pickt an meiner Jacke herum, dann am Handrücken, schließlich an den Fingern. In der Antarktis attackiert von wilden Pinguinen. Ich kann nicht aufhören zu grinsen.
Routinierter Vladimir am Außenborder. Er findet zuverlässig die interessanten Stellen. Keine 10 Meter vor dem Schlauchboot schwimmt ein Seeleopard. Im Maul ein Pinguin, den Kopf wirft er hin und her, zieht so dem Pinguin die Federn über den Kopf - wörtlich. 5 Minuten später umkreisen wir eine Eisscholle, darauf ein Seeleopard, schlafend. Ganz nah kommen wir heran. Müde hebt das Tier den Kopf, begutachtet halbschlafend die klackende Kamerameute, gähnt fotogen, lässt sich nicht weiter stören, schläft weiter. Die nächste Eisscholle, der nächste Seeleopard. Wieder kommen wir ganz nah heran ohne dass das Tier einen irgendwie bedrängten Eindruck macht. „Buckelwal“ knarzt das Funkgerät, Vladimir wendet das Schlauchboot, gibt Gas. Zwei weitere Schlauchboote markieren unser Ziel. Vor ihnen dümpelt im Wasser ein riesiger dunkler Fleck. Ab und an zischt eine Fontaine hoch. Wir warten auf was jeder hier wartet: das majestätische Abtauchen, gekrönt durch die aus dem Wasser ragende Fluke. Der Moment kommt, ist viel zu schnell vorbei, brennt sich tief ins Hirn. Die glänzende glatte schwarze Oberfläche der Fluke, Wasser das davon abperlt, der sanfte Bogen in dem sie sich aus dem Wasser hebt, der Moment in dem die gemusterte Unterseite erscheint, die viertel Sekunde in der sie scheinbar schwerelos senkrecht gen Himmel ragt, die vollendete Eleganz mit der die Fluke schließlich ins Wasser schneidet, das leichte kräuseln das an der Wasseroberfläche zurückbleibt. Vladimirs Funkgerät knarzt, wir müssen zum Schiff zurück. Alles betteln und plagen hilft nicht, der Kapitän hat gerufen.
Abends an der Bar. Aus der Paradise Bay hab ich ein Stück herumtreibendes Eis gefischt. Vom Gletscher abgebrochen, dunkel, klar, alt. Ein Whiskey mit Antarktiseis, das muss schon sein. Genuss auf eigene Gefahr, der Barkeeper übernimmt keine Verantwortung für die Eisqualität. Klar. Auf eigene Gefahr auch der längere Aufenthalt in der Bar. Das original chinesische Karaoke System läuft, der Sänger – bleiben wir höflich – hat sich im Rahmen seiner Möglichkeiten bemüht. Gut das es nur chinesische Songs gibt, sonst käme womöglich heraus dass ich da kein Stück besser abschneiden würde.
Südgeorgien. Die letzte Station der Reise. Hier – genauer in Grytviken - endete Shackletons heroische Rettungsfahrt, hier endete sein Leben, hier fand er seine letzte Ruhe. Natürlich steht ein Besuch am Grab an, natürlich posiere ich für ein Foto. 1904 gegründet und 1966 mehr oder weniger aufgeben erzählt Grytviken rostig die hiesige Walfanggeschichte. Tausende Wale wurden vor der Küste gejagt und hier zerlegt, verarbeitet, verschifft. Heute fängt man nur noch Touristen. Museum, Postamt, Souvenirshop. Den Hauptumsatz scheint man mit Royal Family Devotionalien zu machen, man ist schließlich britisch. Vielleicht brauchen aber auch die Handvoll britischer Offiziere beständigen Nachschub an „Royal Baby – collectors edition“ Tassen um den Anspruch des Empires auf dieses Fleckchen Erde ordnungsgemäß aufrechterhalten zu können. Viel faszinierender ist sowieso was in den anderen Buchten der Insel passiert. Hier nämlich, hier herrscht eine wahrlich königliche Familie, die der Königspinguine. Zehn-, nein hundert tausende Punkte säumen das Ufer. Wir landen an und stehen inmitten einer riesigen Kolonie Königspinguine. Wieder wildes Getümmel, lautes Gekreische, kleine braune Küken buhlen um Aufmerksamkeit der knapp ein Meter großen Alten, Raubmöwen im Tiefflug auf der Suche nach einfachen Opfern, Seehunde schlafend am Rand, riesige Seeelefanten streitend daneben, ein gigantisches Meer an schwarz-gelben Köpfen… Jede Sekunde, jede Richtung verdient Aufmerksamkeit, überall faszinierendes, ständig. Zwischendurch verlieren sich meine Augen für ein paar Sekunden am Horizont, das Kreischen klingt dumpf entfernt, mein Kopf kann nicht glauben wo ich bin, was ich sehe, was ich erlebe. Immer wieder.

 

Heinrich meint: "Der Temperaturbereich ist äußerst angenehm und endlich mal wieder vernünftig Schnee unter den Hufen! Auch am Salatbüffet hab ich mich ganz wohl gefühlt, leider war die Whiskeyauswahl in der Bar unter ferner liefen! Nicht Eineinziger Singlemalt auf der Karte! Hallo?!?! Und mal im Ernst. Hunderte Kilometer auf einem schaukelnden Schiff ohne Elchdamen (na gut, es war ein schnuckeliger Käfer mit an Bord) um dann für ein paar Minuten flugunfähige Vögel dabei zu beobachten wie sie zu doof dazu sind stehend aus dem Wasser zu kommen. Ich weiss nicht. Dazu überhaupt kein Grün. Selbst das Zeug was auf Südgeorgien wächst schmeckt nur den paar einfältigen Rentieren die man dort ausgesetzt hat. Nett, aber auf Dauer nix für einen ordentlichen Elch."

 

 

skeptischer Königspinguin stürmischer start erster Landgang ist aber auch ein Deutliche Meinungsäußerung genug gequengelt Ein Eisberg? Augen zu und durch. schwere Attacke Die Chefcrew der wichtigste Hebel Leistungsschau Vladimir. Buckelwale Licht und Eis Zusammen verstecken Spielen wachsam Eisig Was ist das? BBQ Paradies Bucht Raubmöve im Anflug Tiefflug kleiner Punk. warm eingepackt Polar Plunge Beim Entspannen Beim Zahnarzt Bei der Arbeit Buckelwal Wenn man mir jetzt noch erklärt Reichhaltig gestopft Toll ein Glas mit gelber Flüssigkeit! and the winner is... goldener Pinguin Man kann Namensschilder zwischendrin Grytviken Die Expeditionscrew Grytviken Geht noch ein paar Jährchen am Grab von Ernest - Henry Shackleton Sonnenaufgang auf Südgeorgien klassischer Vertreter Seehunde nein, kein Bierbauch! ein Meer Ich versuche verzweifelt die Jungen in die Mitte vor tieffliegenden Seeelefanten sehen irgendwie können sich aber auch schlechtes Wetter Ein dickes DANKE Gute

 

Aus Gründen™ gibt es ein längeres Video zum Antarktistrip erst später. Danke für's Verständnis.

 

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