Carretera Austral 

Carretera Austral. 1350km lang, über 20 Jahre Bauzeit, überwiegend Schotter. Ab 1976 unter Diktator Pinochet durch den Urwald Patagoniens getrieben, heute Traumstraße und Herausforderung für Enduro-, Jeep- und Radfahrer. Im Süden eigentlich Sackgasse, bietet sich dem leidenswilligen Radler ein Zugang über einen schmal Pfad, eine miserable Schotterpiste und zwei Bootspassagen. Sieben Stunden Schinderei für 22 Kilometer. Einige Liter Schweiß, billiger Preis für unglaubliche Landschaft.
Was folgt erklärt die Bezeichnungen Traumstraße und Herausforderung von selbst. Die Landschaft  bergig und flach, schroff und sanft, eng und weit, unbebaut und – selten – bebaut, leider oft eingezäunt. Feucht und trocken, grün und gelb, bewachsen und versteinert, geducktes Gebüsch und hohe Bäume, weite Wiesen und dichter Regenwald. Eingezwängte Flüsse und breite Ströme, leises plätschern und tosende Fälle, blaugrüne Flüsse und klare Bäche, Tümpel und Seen. Vergletscherte Kuppen und steinerne Zinne, Hügel und Felsmassive, sacht ansteigend und senkrecht aufragend. Die Straße Kies und Schotter, Sand und Schlamm, Lehm und Erde, selten Asphalt und Beton, allzu oft alles zusammen. Kurvig und gerade, steil und flach, schräg und gerade, wellig und eben, auf und ab. Wolkig und strahlend blau, trocken und klatschnass, Sonnenbrand und aufgeweichte Hände, schwitzend heiß und zitternd kalt. Und mehr, viel mehr.
Nach 50, 60km immer mal wieder ein kleines Nest, gebaut im letzten Jahrhundert, strenges Schachbrettmuster, eine Handvoll „Tante Emma“ und Krämerläden, manchmal eine Bäckerei, ab und an gibt’s Brot nur auf Nachfrage in irgendeinem Privathaus. Nur ein Ort fällt aus dem Schachbrett, Caleta Tortel, ganz auf Holz gebaut, keine Straßen nur hölzerne Stege, die Häuser auf Pfählen, Schotterstraßenanschluss seit 2003. Seit dem explodiert der Tourismus, neue, sauber lackierte Stege entstehen, schnieke Holzpavillons säumen das Ufer, an einigen Ecken rotten noch die alten Wege vor sich hin, zerfallen die ursprünglichen Häuser, werden durch neue, „schönere“ ersetzt die sich besser als Unterkunft vermieten lassen. Noch findet sich ein Rest des alten Charmes doch die Schwelle zur schnell zu konsumierenden, leb- und charakterlosen Touristenfalle ist nur noch eine asphaltierte Straße entfernt.
Dann sind da die Menschen, die Bewohner dieser Gegend, freundlich, aufgeschlossen, interessiert. Nicht selten wird zum Foto gerufen, nach Kontaktdaten verlangt, eine Flasche Wasser oder ein Wurstbrot gereicht und der Kopf geschüttelt warum man sich das mit dem Fahrrad antut, wo der Weg mit dem Auto doch schon so beschwerlich ist. Mal winkt es hinter einer Windschutzscheibe, mal hupt ein LKW, mal grüßt ein Gaucho lässig vom Pferd herab.
Und dann sind da die anderen Menschen, die Reisenden in dieser Gegend. Die Motorradfahrer die mal als Individualist, mal als geführte Reisegruppe aber immer grüßend vorbei donnern, die großen Wohnmobile mit Kennzeichen aus aller Welt die zum kurzen schwatz anhalten, manchmal einen Kaffee anbieten, meistens winkend vorbei zuckeln, die Backpacker die auf den nächsten Bus, den nächsten freundlichen Autofahrer warten, manchmal mitten im nirgendwo die Straße entlang wandern weil die unfreundlichen Fahrer nicht anhalten und bei den freundlichen die Pickupladefläche schon mit eingestaubten und winkenden Gestalten übervoll besetzt ist.
Und dann sind da die radelnden Menschen in dieser Gegend. Vom wenige Wochen Kurzurlauber bis zum seit Jahren umherziehenden Nomaden, von Ultralight bis Schwerlaster, vom Alleinreisenden bis zur mehrköpfigen Familie - die kleinsten reisen bequem im Hänger, vom Individualradler bis zum Pauschalradler, vom Wildcamper bis zum Hosteriahopper, vom begnadeten Lowtech Improvisationstalent bis zum Hightech-Highend Fetischisten, vom „das ist meine erste Tour“ bis „jedes Jahr eine lange Tour, seit 40 Jahren“ Radler, vom Brot-von-morgens-bis-abends-esser bis zum Gourmetkoch mit 5(!) Töpfen, vom schneckenlangsamen Träumer bis ambitionierten Rekordjäger, von jungen wilden bis steinalten Greisen, vom „alles ist scheiße“ Jammernden bis zu jenem entspannten der sein kaputtes Fahrrad breit grinsend 80 lange Kilometer rückwärts geschoben hat erstreckt sich das regenbogenbreite Spektrum an radelnden Persönlichkeiten. Uns verbinden die Straße und das Rad, physisch wie psychisch. Ähnliche Erfahrungen, ähnliche Strecken, ähnliche Begegnungen, ähnliche Sorgen und Probleme, eine eigene kleine Gemeinschaft. Über jede einzelne Begegnung freut man sich, tauscht Informationen, erzählt den neusten Radlertratsch, bei einem kurzen Stopp am Straßenrand, bei ein paar Kilometern zusammen in die gleiche Richtung, abends auf den „einschlägigen“ Radler-Campingplätzen. Und an diesen Treffpunkten, da erzählen die unzähligen zerbrochenen Gepäckträger, zerschlissenen Reifen, gerissenen Felgen, geplatzten Schläuche und zerstörten Rahmen ihre ganz eigene, stumme Geschichte vom Radfahren auf einer der Traumstraßen dieser Welt, der Carretera Austral.

 

Heinrich meint:wär ich nicht so gerne unterwegs, ich würde umgehend auswandern. Es hapert zwar noch an ein paar Stellen, beispielsweise ist der Elch an sich und Elchdamen im Besonderen deutlich unterrepräsentiert in dieser Gegend, auch bleib ich im dichten Urwald ständig mit meinen mächtigen Schaufeln irgendwo hängen und in einzelnen Gegenden gibt’s  nur trocken Gras zu futtern, dafür ist das Klima umso Elchfreundlicher, die Rotweinversorgung durchgängig gesichert und in den Regenwäldern muss man aufpassen das man von dem ganzen leckeren Grünzeug nicht fett wird. Es gehört also dringend mal eine Elchkolonie gegründet!

 

Aller Anfang ist schwer befestigte Brücken werden überbewertet. Abschiedsaussicht Gletschersee Villa O'Higgins irgendwo unterwegs auf Holz gebaut I auf Holz gebaut II auf Holz gebaut III auf Holz gebaut IV Schotter aufwärts geschlängelt. Schotter flach zwischen Bäumen. Fluss von da oben kommt es her Touristen fischen statt Fische angeln. sind aber auch schick anzusehen weniger Höhle je nach verwendetem Namen another one bites the dust blüht gerade massenhaft üblicher Verkehrsstau Cerro Castillo - Burgberg herrlich zum runterfahren solche Asphaltserpentinen. Und noch ne neue Landschaft Casa de Ciclistas Casa de Ciclistas Hightech vs Lowtech Hängt rum Neugieriger Zeitgenosse welcome Farne Früher waren sie aus Holz frühe Industrialisierung Ripio Oh Ripio! Für ein traumhaftes Camp ein paar Radelfreunde, und natürlich einen fetten Sternenhimmel,

4 Kommentare 

 
 

Michael.Boehm

Super Bilder und Beschreibung, Stefan !

Dir weiterhin viel Spaß und schöne Erlebnisse mit den gastfreundlichen Menschen und der beeindruckenden Natur !

Grüße von den Eltern

Mitgliederseite | 19.03.2013 14:39:27
 
 

b

Tränen in den Augen und Fernweh im Herzen beim Lesen und Bilder gucken. Danke.

21.03.2013 07:47:23
 
 

Beiboot

Hej Stefan,
Deine Berichte und Bilder versöhnen mich gerade etwas mit der Tatsache, dass ich krank auf dem Sofa liege... Traumhaft tolle Landschaften "da unten"! Und lustig - und sehr interessant - zu lesende Berichte aus Deiner Feder (äh, Tastatur). Freut mich, dass Du so viele schöne Erlebnisse hast und viele nette Menschen triffst! Weiterhin gute Reise!
LG

30.03.2013 17:25:19
 
 

Alexandros

Man man man... der Junge kann Bilder schießen!
Klasse Qualität - ich werde in Thailand second Hand eine Canon Eos erwerben. Geht nicht mehr anders.

Wenn ich deine Bilder sehe - da fallen mir fast die Augen aus.

Klasse, weiter so und viel Gesundheit.
Alexandros

www.bike4peace.eu

09.04.2013 17:13:21

 

 
 

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