Das südlichste Irgendwas
Ein Segelboot schaukelt im Beagle Kanal. Die Crew international: Skipper Andunas, Lettland; Michelle, England; Danielle, USA; Sefik, Türkei; und ich, Deutschland. Ushuaia – Puerto Williams, von der südlichsten Stadt der Welt in den südlichsten Ort der Welt. Gut 2000 Chilenen trotzen Wind, Wetter und Abgeschiedenheit, leben vom Fischfang und ein paar Touristen die es hierher verschlägt. Hauptattraktion: der südlichste (was sonst?) Trek der Welt: „Circuito de los Dientes“. Abgeschieden, anstrengend, berüchtigt – wunderschön. Bevor es losgeht: Weihnachten. „Grande Mama“ – Chefin der Hosteria el Padrino lädt zum Fest in ihr trautes Heim. Weihnachtsbaum, Festtafel, Geschenke, Großmutter. Alles da. Sogar ein kleines Päckchen für jeden der anwesenden Reisenden. Das Menü: King Crab, Schaaf, Salat. Nachtisch: Schokokekse und Sushi (!).
In die Berge. Steiler Aufstieg durch feuchtschlammigen Wald. Oberhalb der Baumgrenze einen endlos langen, rutschigen, verschneiten Hang queren, hüfthohe Schneeverwehungen gratis. Abends stehen die Zelte am See, schneeweiß die Umgebung. Weitermachen? Zu leichtes –somit klatschnasses – Schuhwerk, keine Stöcke, zu viel Schnee. Zweifel. Einen Tag bleiben wir am See, erkunden den Weg bis zum nächsten Pass. Steiler Weg, grandiose Aussicht, tiefer Schnee. Rückzug an einem Fluss entlang, Gestrüpp und Matsch ersetzten Schnee und Geröll. Belebender Sprung in den Beagle Kanal, Füße hochlegen und ans weiterreisen denken. Doch das gestaltet sich etwas schwieriger. Die Fähre nach Punta Arenas mal ausgebucht, mal nur Luxusplätze frei, mal eine Woche später als angekündigt. Immerhin, im Flieger ein paar Tage später sind noch Plätze frei, auch das Rad kann mit. Gebucht.
Einmal im Monat fährt eine Fähre von Puerto Williams in das südlichste (jetzt aber wirklich!) Nest der Welt: Puerto Toro. Und weil mit der Fähre die kommunale Müllabfuhr gewährleistet wird ist die Fahrt kostenfrei. Auch für uns, die Touristen. 20, 30 Häuser, Polizeistation, Spielplatz, Sporthalle, Hafen, Kapelle, Plaza de Armas. Entspannte Öffnungszeiten im örtlichen Café: 12 bis 15 Uhr am letzten Samstag in Monat. Falls es nicht stürmt.
Vor dem Rückflug: Silvester. Wieder bei „Grande Mama“, wieder unglaublich lustig, herzlich, „echt“. Mitternacht: drei, vier rite Signalraketen schießen in den Himmel, Feuerwerksersatz. Ausklang in der Dorfdisko, halb (oder ganz?) Puerto Williams hüpft, zappelt, tanzt ins Neue Jahr.
Am Flugplatz angenehme Sicherheitskontrollen: keine. Kein ausziehen, kein betatschen, kein Röntgen, keine Nacktscanner, keine dicken Glasscheiben mit grimmigen Beamten, Ausweisscannern und Antiterrordatenbanken. Literflasche Wasser, Messer und Benzin im Handgepäck? Kein Problem. Tür zum Cockpit? Fehlanzeige. In der 20 sitzigen Twin Otter darf der Passagier den Piloten noch bei der Arbeit zu sehen. Oder rausgucken. Patagonien sehen und staunen. Von oben.
Heinrich meint: „Oh man, segeln ist ja schlimmer als Kopfsteinpflaster! Versaut nur das Fell! Immerhin gabs bei den ganzen Feiern genügen Vino, Cerveza und Terremoto. Und die Dorfdisko… genau das Richtige für einen Elch auf Abwegen. Warum Stefan und die anderen beim Wandern umgedreht sind, kann ich ja gar nicht verstehen. Schnee? Wo liegt das Problem?? Die haben wohl noch nie einen schwedischen Winter erlebt, Warmduscher! Protipp für reisende Elche: Beim Einsteigen in eine Twin Otter den Kopf querlegen. Hab mir tierisch mein prächtiges Geweih angeschlagen und das mit dem Schädel vom vorherigen Abend… Auuuuuh.“
Beiboot
So, dann bist Du ja endlich mal zum Segeln gekommen! Und dann noch in so einem exquisiten Revier. Weiterhin gute Reise!
user details | 2013.01.17 20:33:03Rico
Reingeklickt, ohhhh gestaunt über den langen Bart und die Bilder, besonders die Tour quer Feld ein... könnte auch im Schwarzwald sein ;-) Nur sind die Gletscher da schon etwas länger weg ;-) Grüsse von Maggie, Ben und Rico :)
2013.01.31 15:15:51
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